Damit eine IWC präzise läuft, müssen die Schwingungen der Unruh sorgfältig eingestellt werden. An der Réglage arbeiten von der Assemblierung des Schwingsystems über die Werksmontage bis zur Feinregulierung Dutzende von erfahrenen Spezialisten. Neben Geschick und Geduld benötigt diese Handarbeit auch ein umfassendes Wissen über mögliche Fehlerquellen und die Kraftflüsse im Uhrwerk.
Wer sich eine IWC ans Handgelenk schnallt, fordert nicht nur eine elegante Optik, sondern auch höchste Präzision: „Damit eine mechanische Uhr stets verlässlich die Zeit anzeigt, muss ihre Unruh exakt gleichmässig schwingen“, hält Christoph Bühler, Abteilungsleiter Réglage bei der IWC, fest.
Bei einer Frequenz von 4 Hertz muss das ringförmige Pendel acht Halbschwingungen pro Sekunde vollführen, damit die Hemmung das Räderwerk in den richtigen zeitlichen Abständen freigibt und der Sekundenzeiger sich um genau eine Markierung weiterbewegt.
Was einfach klingt, ist in der Praxis jedoch kompliziert: Mechanische Uhren sind filigrane Mechanismen mit hunderten von Einzelteilen und sie befinden sich ständig in Bewegung. Um in allen Lebenslagen eine hohe Genauigkeit zu erreichen, müssen die Schwingungen der Unruh sorgfältig von Hand justiert werden. Die sogenannte Réglage ist ein mehrstufiger Prozess, während dem sich Spezialisten aus verschiedenen Abteilungen immer näher an die höchstmögliche Präzision herantasten.
Um in allen Lebenslagen eine hohe Genauigkeit zu erreichen, müssen die Schwingungen der Unruh sorgfältig von Hand justiert werden
ALLE KOMPONENTEN MÜSSEN EXAKT PASSEN
Am Anfang steht die Überprüfung und Assemblierung des Schwingsystems. Dafür sind die Régleure zuständig. Ihre Arbeit erfordert aussergewöhnliche feinmotorische Fähigkeiten. Wichtig ist, dass alle Teile exakt aufeinander abgestimmt sind: Die Spirale sollte zwei Drittel des Durchmessers des Unruhreifs sowie 14 bis 16 Windungen haben. Mit dem Rundlaufzirkel oder Huit-Chiffres – einem Werkzeug in der Form einer liegenden Acht – wird der Flachlauf des Reifs überprüft. Wie bei einem Fahrradreifen würde sich eine Delle negativ auf den Gang auswirken. Der Régleur kontrolliert aber auch die Zapfen der Unruhwelle, damit diese mit minimalen Reibungsverlusten in den Lagern laufen. Zudem vergewissert er sich, dass die Spirale absolut flach und zentriert ist. Nur so kann später ein optimales Schwingverhalten erreicht werden.
DIE BREGUET-SPIRALE WIRD VON HAND GEBOGEN
Der heikelste Arbeitsschritt ist das Biegen der Spiralfeder. Nach einem vor über 200 Jahren von Abraham-Louis Breguet entwickelten Prinzip wird dabei der letzte Umgang erhöht über die flache Spirale geführt. Dadurch dehnt sich die Feder beim Schwingen gleichmässig aus, was die Ganggenauigkeit erhöht. Die Breguet-Spiralen werden bei der IWC bis heute von Hand gebogen. „Obwohl spezielle Formwerkzeuge eine konstantere Qualität erlauben, benötigt diese Arbeit viel Fingerspitzengefühl“, präzisiert Bühler. Nach dem Biegen der Endkurve verkeilt der Régleur das äussere Ende mit einem konischen Stift am Spiralfederklötzchen und verbindet die Feder darüber mit dem Unruhkloben.
Besonders aufwändig ist das Erneuern einer kompletten Unruh für eine ältere Uhr. Wenn etwa ein Kaliber 854 in die Restauration nach Schaffhausen kommt, sind die geschickten Hände einer Régleuse wie Annelies Bürki gefragt. Mit über 40 Jahren Berufserfahrung ist sie in der Lage, die speziell geformten Federn alter Kaliber ganz ohne Vorlage zu biegen. Je nach dem muss sie auch die Unruhwelle und das Plateau mit dem Hebelstein erneuern, die Zapfen frisch polieren und den Reif sorgfältig auswuchten. Neben dem Abzählen, Setzen, Biegen und Pitonieren der Spirale können diese Arbeiten mehrere Stunden in beanspruchen.
In der Montage bauen die Uhrmacher das Schwingsystem ins Werk ein und nehmen die Grundregulierung vor. Während einer Einlaufzeit von 10 Tagen verteilen sich die Öle und Fette überall und alles spielt sich aufeinander ein. Nach erneuten Anpassungen geht es schliesslich in die Feinregulierung: Hier sind rund 20 Uhrmacher damit beschäftigt, die Präzision des Mechanismus weiter zu erhöhen, bis die strengen Toleranzen erfüllt werden: „Jedes Manufakturwerk, das Schaffhausen verlässt, darf innerhalb von 24 Stunden niemals nachgehen und höchstens sechs Sekunden vorgehen“, wie Kai Stiewe, Abteilungsleiter Feinregulierung bei der IWC, deutlich macht.
DIE ZEITWAAGE LIEFERT WICHTIGE MESSWERTE
Für die Feinregulierung werden exakte Angaben etwa über den Gang benötigt. Früher musste jedes Werk während Stunden mit einer Referenzuhr verglichen und die Abweichung notiert werden. Heute zeichnen Zeitwaagen mit einem Körperschallmikrofon die vom Regulierorgan erzeugten Geräusche auf – etwa wenn der Hebelstein auf die Ankergabel trifft. So können beispielsweise die Gangabweichung oder die Schwingungsweite der Unruh bereits innert Minuten ermittelt werden. Moderne Zeitwaagen messen diese Parameter in sechs verschiedenen Lagen der Uhr: Mit dem Zifferblatt nach oben und unten sowie mit der Krone rechts, links, oben und unten. „Damit können wir zwar nicht jedes Verhalten des Trägers abbilden, erhalten aber wichtige Anhaltspunkte für unsere Einstellungen“, erklärt Stiewe den Vorteil dieser Methode.
Liegt ein Gangfehler vor, schwingt die Unruh zu schnell oder zu langsam: Die Uhr geht vor oder nach. Korrigiert werden kann dies über das Verändern der aktiven Federlänge oder die Beeinflussung des Trägheitsmoments des Reifs. Bei den 98000er-Kalibern der IWCkann die aktive Federlänge über den Rücker-Mechanismus eingestellt werden, der mit zwei winzigen Stiften an der Spiralfeder befestigt ist. Bewegt man den Rückerzeiger in die eine oder andere Richtung, schwingt die Unruh langsamer oder schneller. In den anderen Kaliberfamilien der IWC kommen rückerlose Unruhen zum Einsatz. Ihre Frequenz wird mit vier Regulierschrauben im Reif justiert. Dreht man diese nach aussen, werden die Schwingungen langsamer. Dreht man sie nach innen, oszilliert der Reif schneller. „Je nach dem in welcher Lage ein Gangfehler auftritt, weiss der Fachmann, wo er drehen muss“, präzisiert Stiewe.
DIE AMPLITUDE MUSS FEIN REGULIERT WERDEN
Häufig muss auch ein Amplitudenfehler korrigiert werden. Bei einer zu hohen Amplitude schwingt die Unruh zu weit aus, weil zu viel Kraft vom Räderwerk übertragen wird. Das kann sich negativ auf die Ganggenauigkeit auswirken. In diesem Fall werden die Ankerpaletten ein bisschen weiter hinausgeschoben. Dadurch erhöht sich die Reibung zwischen Ankerrad und Paletten, was zu einem Kraftverlust und damit zu einer geringeren Schwingungsweite führt. Berücksichtigt werden muss auch, dass die Abmessungen des Ankerkörpers und des Ankerrads sowie der Abstand der Arme bei jedem Kaliber leicht verschieden sind. Weil all diese Faktoren die Amplitude beeinflussen können, sind die Anpassungen oft sehr individuell.
Die Réglage ist zwar oft eine Geduldsprobe
Ist die Schwingungsweite demgegenüber zu niedrig, geht irgendwo Kraft verloren. In diesem Fall geht der Uhrmacher sorgfältig dem Kraftfluss vom Federhaus bis zur Unruh nach. Er überprüft etwa, ob alle Ölstellen im Räderwerk behandelt wurden und die Höhenspiele stimmen. Ein besonderes Augenmerk gilt auch dem Zusammenspiel von Hemmung und Unruh: Nur wenn dieses präzise passt, kann der Anker der Unruh über den Hebelstein regelmässig einen Kraftimpuls geben.
In der Feinregulierung wird auch der Abfall oder das Repère gemessen. Ein Repère-Fehler liegt vor, wenn es nach dem Aufziehen zu lange dauert, bis sich die Unruh in Bewegung setzt. Dann verändert der Uhrmacher den Ansteckpunkt der Spirale am Unruhkloben und positioniert den Hebelstein schön mittig in der Gabelung des Ankers. „Dank der exakten Einstellung des Repères läuft die Uhr auch bei nicht voll aufgezogener Feder stets verzögerungsfrei an“, hält Stiewe fest.
IN GEDANKEN MIT DEM RÄDERWERK MITGEHEN
Ausschlaggebend für eine hohe Präzision ist die Erfahrung der Uhrmacher und Régleure, sind Bühler und Stiewe überzeugt. Vor allem in der Feinregulierung brauchen die Spezialisten nicht nur ein umfassendes Wissen über mögliche Fehlerquellen, sondern auch ein genaues Verständnis der Kraftflüsse. Oft führt erst die Fähigkeit, sich gedanklich ins Uhrwerk hineinversetzen und mit dem Räderwerk mitgehen zu können, zu einer optimalen Einstellung. „Die Réglage ist zwar oft eine Geduldsprobe, aber wenn eine IWC am Ende absolut präzise ist, erfüllt dies alle Beteiligten mit Stolz“, meint Bühler abschliessend.
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