ARTIKEL
Supercentenarian Marvel - Das Jahrhundert-Gespräch mit Kurt Klaus
Versand- und Lieferbedingungen
Kurt Klaus und Amaro Abad erinnern sich an 115 Jahre bei IWC Schaffhausen
Sie treffen sich noch immer regelmässig in ihrer Wandergruppe für pensionierte IWC-Mitarbeiter. Kurt Klaus und Amaro Abad, die zwei festen Grössen der Uhrmacherwelt, feiern in diesem Jahr ihr insgesamt 115-jähriges Bestehen bei IWC Schaffhausen. In ihrem jüngsten Zoom-Call erinnern sich die beiden brillanten Uhrmacher an ihre gemeinsame Zeit, plaudern ein wenig aus dem Nähkästchen und lüften sogar das eine oder andere IWC-Geheimnis.
Lesen Sie unten einige Auszüge oder hören Sie sich hier das vollständige Zoom-Gespräch an.
ZWEI UHRMACHER MIT EINER MISSION
Kurt Klaus, bestens bekannt für «Operation Eternity» und die Erfindung des genialen kronenbetriebenen ewigen Kalenders, wurde 1934 in Sankt Gallen geboren und begann mit 23 Jahren bei IWC zu arbeiten. Wenn er nicht gerade für eine weitere IWC-Folge von «A Smart Watch. And a Half» vor der Kamera steht, reist Kurt Klaus immer noch um den Globus, hält Reden und gibt Uhrmacherkurse in ganz Europa sowie in Amerika und Asien.
Amaros Geschichte dagegen verlief ganz anders. Als Sohn eines Dorfuhrmachers in Spanien geboren, zog er im zarten Alter von 17 Jahren in die Schweiz und begann 1971 als Assistent in der Uhrenmontage. Nach seiner Uhrmacherlehre begann er in der Feinregulierung und wurde schliesslich zum Leiter der Uhrenmontage ernannt. Amaro arbeitete auch kurzzeitig mit Kurt Klaus zusammen – allerdings nicht direkt an der Entwicklung des Ewigen Kalenders. Heute im Ruhestand führt Amaro – der fliessend Spanisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Portugiesisch spricht – Besuchergruppen und Uhrenliebhaber durch die IWC-Manufaktur, sei es in Form eines physischen oder virtuellen Rundgangs.
— Kurt Klaus und Amaro Abad am Fusse des Schaffhauser Munot
ÜBER SCHAFFHAUSEN
Kurt Klaus: Ich sage immer wieder: Ich möchte nicht mehr irgendwo anders wohnen als hier in Schaffhausen. Ich geniesse jeden Tag die Landschaft. Ich gehe mit meinem Hund über Felder, durch Wald und Wiesen und das ist immer so schön. Sogar wenn es regnet ist es immer noch schön.
Amaro Abad: Man darf nicht vergessen, Schaffhausen ist auf der ganzen Welt bekannt durch unsere Uhren. Weil immer noch auf dem Zifferblatt unter dem IWC-Schriftzug «Schaffhausen» steht. Das heisst, auch in China oder Nordamerika weiss man, dass Schaffhausen eine Stadt ist.
Kurt Klaus: Das ist so eine lustige Geschichte. Ich habe vor Jahren im Ausland mit jemandem gesprochen und erzählt, dass ich bei IWC bin. Die Frage kam: «IWC, was ist das?» «Ja, IWC Schaffhausen!» «Ahh ja, das ist richtig!» meinte er. «Schaffhausen», das war lange Zeit als Uhrenmarke wichtiger als «IWC».
— Amaro Abad und Kurt Klaus bei eine Besuch auf dem Munot
— Kurt Klaus am Weinberg Munotstieg
— Amaro geniesst den Blick auf die Altstadt Schaffhausen
Schon von Kind aus hatte ich die Uhrmacherei in meinem Herzen, denn ich habe gesehen, wie mein Vater alte Uhren repariert hat
ÜBER DIE ANFÄNGE BEI IWC
Amaro Abad: Ich bin als junger Spanier mit 17 Jahren in die Schweiz gekommen, und sobald ich erfahren habe, dass es in Schaffhausen eine Uhrenfabrik gibt, war mein erster Gedanke: ‘Ich muss versuchen, in dieser Fabrik zu arbeiten.’ […] Nachher habe ich mich entschlossen, Uhrmacher zu werden. Und das bereue ich nicht. Schon von Kind aus hatte ich die Uhrmacherei in meinem Herzen, denn ich habe gesehen, wie mein Vater alte Uhren repariert hat. Und meine Leidenschaft war immer für die Uhrmacherei.
Kurt Klaus: Ich wusste als Junge auch nicht viel von IWC. Ich wusste, in Schaffhausen gibt es eine Uhrenfabrik. […] Und so bin ich dahin gegangen und habe gefragt: «Brauchen Sie einen jungen Uhrmacher?» Ich wurde aufgenommen und hatte dann meinen ersten Arbeitstag. Ich weiss noch genau, wo das war; hinter welchem Fenster im alten Gebäude. Da bin ich gesessen neben dem Erich Roost, und habe dort angefangen und bin stufenweise immer mehr in die Uhrmacherei hineingekommen.
ÜBER DIE ERSTEN TITAN-UHREN
Kurt Klaus: Das war eine Riesen-Aufregung!
Amaro Abad: Und eine grosse Herausforderung waren auch die Werkzeuge, weil wir gewohnt waren, mit Gehäusen zu arbeiten aus Stahl oder Gold. Aber für Titan brauchten wir ganz spezielle Bohrer oder Stiche. Und es hat Jahre gebraucht, bis man das richtige Material gefunden hat [um Titan zu bearbeiten]. Denn war es zu hart, ist es gebrochen; war es zu weich, war es zu schnell stumpf.
Kurt Klaus: Das war eine sehr harte Lehrzeit für die Betroffenen, die daran gearbeitet haben. Das hat sich dann mit den Jahren irgendwann gedreht. Das war ja das erste von IWC hergestellte Gehäuse, der grosse Titan Chronograph von Porsche. Und dann erst hat IWC angefangen, Gehäuse [komplett eigenständig] herzustellen aus anderen Materialien, also Stahl, Gold.
ÜBER DEN EWIGEN KALENDER AN NEUJAHR 2000
Amaro Abad: 1999 war die grosse Frage: Schalten die Ewigen Kalender richtig auf das Jahr 2000? Und auch die Computer? Und in der Tat: Ich war damals schon Abteilungsleiter, am 1. Januar 2000, es war ein Samstag, mussten alle Abteilungsleiter in die IWC gehen und kontrollieren, ob die Uhren mit Ewigem Kalender richtig geschaltet hatten, und ob auch alle Computer richtig geschaltet hatten. Ich mag mich erinnern, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen alles richtig funktioniert hat.
— Kurt Klaus und Amaro Abad am Rheinufer vor der IWC
— Die beiden Uhrmacher vor dem IWC Hauptgebäude am Rhein
Ich habe dann von einer Woche zur anderen umstellt vom Zeichenbrett auf den Computerbildschirm und von da an alles nur [darauf] gezeichnet. Das war schon ein grosses Ereignis!
ÜBER DIGITALISIERUNG
Kurt Klaus: Als ich am Ewigen Kalender der Da Vinci gearbeitet habe in den frühen 80er Jahren, da wusste ich nicht einmal so richtig, wie ein Computer funktioniert. Ich habe also alles von Hand gerechnet, ich habe die Zeichnungen auf dem Zeichenbrett gemacht, und mein Computer war diese Rechentabelle, mit der man sehr genau rechnen konnte, aber eben von Hand oder im Gedächtnis. […]
Erst später, 1988, da hörte ich: «Ach da gibt es etwas Neues. Es gibt ein System, es wird genannt CAD, Computer Aided Design. Da kann man statt auf dem Zeichenbrett auf dem Bildschirm des Computers konstruieren.» Da habe ich gesagt: «Oh, das muss ich haben!» Und ich habe es dann auch bekommen, einen entsprechenden Kurs gemacht und habe dann von einer Woche zur anderen umstellt vom Zeichenbrett auf den Computerbildschirm und von da an alles nur auf dem Computerbildschirm gezeichnet. Das war schon ein grosses Ereignis!
— Die beiden pensionierten Uhrmacher geniessen den Blick auf Schaffhausen rheinaufwärts
Alle Bilder von @remysteinerphotography